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Durchsuchung ohne Beschluss Akte Gesetz

Ist der gewerbliche Handel mit Cannabis-Produkten erlaubt?


Berauschung muss ausgeschlossen werden


Viele Händler nehmen fälschlicherweise an, dass der Vertrieb von Cannabis-Produkten erlaubt sei, wenn es sich um ein von der EU zertifiziertes Saatgut handelt oder der Gehalt von Tetrahydrocannabinol (THC) unter 0,2 % bzw. neuerdings unter 0,3 % liegt.

Cannabisprodukte

Das ist nicht grundsätzlich richtig, denn laut Gesetz muss ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein. In Bezug auf die Rauscheignung bestimmter Produkte entscheiden Behörden und Gerichte unterschiedlich, denn die Gesetzeslage ist komplex. Gerichte beurteilen ggf. jeden Einzelfall gesondert.

Cannabinoide: Was ist der Unterschied zwischen THC und CBD?


Cannabinoide sind Produkte der Hanfpflanze. In unserem Körper können sie im Gehirn an bestimmten Rezeptoren andocken und verändern dort die Gehirnchemie. Die wohl bekanntesten Cannabinoide sind THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC ist bekannt für seine berauschende Wirkung, CBD eher für seine medizinischen Eigenschaften.

Betäubungsmittelgesetz (BTMG)


Für alle Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanze gilt das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/btmg_1981/BJNR106810981.html

Insbesondere BtMG Anlage 1 § 1 Abs. 1

Cannabispflanze

Vor allem die Auslegung dieses Gesetzes bestimmt, ob ein Straftatbestand vorliegt.

Lebensmittel aus Cannabissamen wie Salatöl, Schokolade, Bier etc. fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sofern bei den Produkten eine berauschende Wirkung ausgeschlossen wird.

Das Problem mit Hanfprodukten


Hanfprodukte kamen in den letzten Jahren verstärkt in den Handel, vor allem als Tees, Öle, Süßigkeiten etc.

Das Problem: Viele Produkte enthalten oftmals geringe Mengen des berauschenden THCs und unterliegen somit dem Betäubungsmittelgesetz. Demnach kann der gewerbliche Handel strafbar sein, falls z. B. THC in ausreichender Menge nachgewiesen werden kann. Nicht selten mussten Händler Produkte wieder vom Markt nehmen, u. a. war das bei der Supermarktkette Lidl der Fall.

Händler in einer rechtlichen Grauzone


Immer wieder werden Händler rechtlich belangt, wenn sie Endverbrauchern Cannabisprodukte verkaufen, beispielsweise Cannabis-Blüten, Hanföle, Hanfextrakte, Hanfkekse, Hanfpulver, Hanfriegel, Hanfkapseln etc.

Selbst wenn Produkte aus Teilen der Hanfpflanze hergestellt werden, die üblicherweise kein THC enthalten, werden behördliche Stichproben durchgeführt, die zu Beschuldigungen führen können.

CBD-Produkte


CBD (Cannabidiol) ist neben dem THC ein weiteres populäres Cannabinoid. Es soll medizinisch bedeutende Wirkeigenschaften besitzen.

Viele Händler wissen nicht, dass CBD-Produkte nicht ohne Auflagen als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden dürfen. Dafür ist eine Zulassung der EU als neuartiges Lebensmittel nötig, die es aber bislang nicht gibt.

EU Genehmigung

Trotzdem verkaufen diverse Händler Produkte, die CBD enthalten, z. B. Hanfkaffees, Hanflimonaden, Nahrungsergänzungsmittel aus Hanfextrakten (meistens Blüten und Stängel), Hanfbonbons, Hanfgummibärchen, Hanfkekse oder Hanfkaugummis. Damit können sie sich strafbar machen.

Hanfsamen, Hanfsamenöl, Hanfsamenmehl und entfettete Hanfsamen bilden eine Ausnahme. Aber auch diese Produkte müssen gemäß Artikel 14 der Verordnung sicher sein. Siehe (EG) Nr. 178/2002. (Link)

Arzneimittel oder Medizinprodukte mit CBD-Gehalt brauchten bislang eine Zulassung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Kosmetika


Die EU-Kosmetikverordnung (EG-Verordnung Nr. 1223/2009) verbietet die Verwendung von Betäubungsmitteln im Sinne des UN-Einheitsübereinkommens in Kosmetika. Es besagt, dass kosmetische Mittel keine natürlichen und synthetischen Betäubungsmittel enthalten dürfen. Ob es sich bei CBD um ein Betäubungsmittel handelt, ist derzeit umstritten.

Neuere Entwicklung


Der europäische Gerichtshof (EuGH) verkündete in einem Urteil vom 20. November 2020, dass CBD kein Betäubungsmittel (im Sinne der UN-Beschlüsse) ist. Zulassungsverfahren für die Verwendung von CBD in Lebensmitteln wurden fortgesetzt (Link zum Urteil).

Der Bundesgerichtshof betonte in einem neueren Urteil, dass CBD-Produkte wie bestimmte Hanftees nur dann legal gehandelt werden können, wenn eine Rauschwirkung ausgeschlossen werden kann.

Siehe Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs.

Die Bundesregierung hat den Grenzwert des THC-Gehalts bei Nutzhanf von 0,2 % auf 0,3 % erhöht (Link).

Rechtslage ungewiss


Aufgrund von neueren Entwicklungen und unterschiedlichen gerichtlichen Bewertungen ist davon auszugehen, dass von Einzelfall zu Einzelfall entschieden wird. Revisionen aufgrund von gerichtlichen Fehlern sind möglich. Einen professionellen Strafverteidiger hinzuzuziehen, kann neue Optionen eröffnen und ggf. Schuldsprüche aufheben. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Fragen haben.

Richter

Angesichts der bis dato nicht abschließend geklärten Rechtslage ist es dringend geboten, jedwede kritische geschäftliche Unternehmung im Hinblick auf CBD-Produkte, ungeachtet des Wirkstoffgehalts, umgehend zu unterlassen.